Freitag, 4. April 2008

Von rohem Fisch zu altem Fleisch

Es sollte unser erster Mädels-After-Work-Abend werden. – Wir hatten uns eine stylische Lounge ausgesucht, mit leckerem Sushi direkt vom Band und noch leckeren Männern in schicken Anzügen mit auffällig platzierten Autoschlüssel made in Zuffenhausen.

Doch war die Idee bereits einmal ein wenig zu laut in der Abteilung verkündet, schon hatte sich der erste männliche Kollege –ganz selbstlos- in die Frauenrunde eingeklinkt.

Also kamen wir gemischt zum mixted Sushi...und die Gesprächsthemen passten sich der ungewohnte Konstellation flexibel an: Einer Kollegin fiel ihre Fischallergie wieder ein, eine andere versuchte die meisten „All you can eat“-Teller zu stapeln. Der Kollege schäkerte mit der Bedienung, wir Mädels taten das wir am besten können: feststellen, worüber andere lästern würden:

In chilliger Musik stand dort eine Dame, die sich ihrem männlichen Opfer mit jungendlichen 28 Jahren vorstellte, deren gestraffte Gesichtszüge jedoch die fehlenden +15 ihres Lebensalters verrieten. Das Sektglas in ihrer Hand konnte weder das erste noch das fünfte, gewesen sein. Und bei der Beständigkeit mit der sie versuchte, ihren Gesprächspartner auf die Tanzfläche zu ziehen, stellte sich bei den umsitzenden Gästen geradewegs ein starkes Gefühl des Fremdschämens ein.

Bei diesem Anblick stellte sich mir die Frage: War Botox wirklich dein Freund? Oder verstärkte es nur das Bild einer verzweifelten Frau, die nicht mit Würde altern wollte?

Vor meinen Augen war das Ergebnis unmissverständlich. Eine egozentrische Frau mittleren Alters und ein junger Mann, dessen Blick hilfesuchend in unsere Runde schweifte. Die Mädels hatten sofort Mitleid mit ihm und forderten mich auf, zu intervenieren. So tat ich also was ich tun musste.

„Hey, das mag jetzt total doof klingen, aber du erinnerst mich an einen Mitschüler aus meiner Grundschule. Kann das sein?“ Und siehe da, er spielte mit. „1987 Wansbeker Grundschule?! Ich glaube, ich erinnere mich auch an dich. Wie cool ist das denn?!“ Und so kam es, dass wir schnell sämtliche Fragen über die Zeit nach der Grundschule beantworten mussten, und die Dame schnell das Interesse an unserer Unterhaltung verlor!

Am Ende eines sehr netten Abends, waren alle Fragen geklärt, bis auf eine:

Was werde ich in ein paar Jahren tun? In einer Gesellschaft, in der Frauen perfekt aussehen müssen, und Victoria Beckham vertraglich nicht mehr als 45 Kilo wiegen darf? In der allein Schönheit Erfolg verspricht und alle Veränderungen möglich sind: Alle Lippen voller, alle Nasen kleiner und alle Wangenknochen höher werden. - Und Falten? – „Entschuldigung – was genau versteht man noch einmal darunter?“ Ein Beitrag in der InStyle hätte es nicht besser beschreiben können: „Und dann die Sprüche der Hollywood-Frauen, die seit 20 Jahren 30 sind, dank Wasser und guter Gene.“ Die Autorin unternahm den Selbstversuch - und würde es, nach eigenen Angaben wieder tun. Das Fazit: Die richtige (!) Dosierung von Botox machte sie zwar nicht jünger, ließ sie jedoch für ein halbes Jahr wesentlich entspannter aussehen.

Daher gibt es für mich nun also 2 Alternativen. Mehr relaxte Mädelsabende mit langen Grundschulunterhaltungen, oder sollte das nicht häufig genug möglich sein, dann halt ein, zwei Spritzen an die richtigen Stellen. Aber bitte nicht viel und nicht zu häufig. Denn Blicke einzufangen sollte schließlich ein Kompliment bleiben!

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